Pilzfreunde-Ueberlingen
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Giftpilze im Korb mit essbaren Pilzen

Die Fragen von Frau Ullrich im Tintling" (Heft1/2014,S.80) ob man Pilze, die in der Nachbarschaft von Giftpilzen stehen oder im Korb neben Giftpilzen gelegen haben, verzehrt werden können, werden von Sammlern oft gestellt.


Fruchtkörper von Speisepilzen können durch Sporenflug von in ihrer Nähe wachsenden giftigen Arten kontaminiert sein.

Wenn gar z.B. sporenreife Grüne Knollenblätterpilze oder Orellanin haltige Rauköpfe und Speisepilze in einem Korb ungetrennt durcheinander liegen, ist eine Kontamination sehr wahrscheinlich.


Faulstich und Wieland, denen die Aufklärung der chemischen Strukturen der Gifte der Knollenblätterpilze zu verdanken ist, haben auch die Sporen dieser Arten auf Toxine untersucht und fanden nur Spuren von Vorstufen von Amatoxinen und Phallotoxinen, über deren Giftigkeit nichts bekannt ist.(Faulstich und Mitarb.,1980).Dagegen konnten in den Sporen von Amanita bisporigera, ein weißer Amatoxin haltiger Knollenblätterpilz aus Nordamerika, Spuren von alpha-Amanitin nachgewiesen werden(Mcknight et al.,2010). Untersuchungen der Sporen von giftigen Schleierlingen oder Giftlorcheln sind mir nicht bekannt.


Die Konzentration der Giftstoffe in den durch Fremdsporenkontamination verunreinigten Speisepilzen ist viel zu gering um eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verursachen.

Auch für die hochtoxischen Substanzen wie Amatoxine, Phallotoxine, Orellanin, Gyromitrin u.a. gilt die Regel, dass nur die Dosis das Gift macht, und toxikologisch wirksame Dosen sind in den o.a. Beispielen nicht zu erwarten.


Also: Speisepilze, die in unmittelbarer Nachbarschaft von Giftpilzen wachsen, können bedenkenlos verzehrt werden.

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Aber bei Speisepilzen, die in einem Behältnis mit hochtoxischen Arten durcheinander lagern, ist sorgfältigst darauf zu achten,ob nicht Fruchtkörperstücke der Giftpilze zwischen die Speisepilze geraten sind oder z.B. Lamellenstücke an den Fruchtkörpern, auf Hut oder Stiel, haften.


Dass bereits kleinste verzehrte Stücke Amanitin haltiger Pilze Auswirkungen haben können,zeigt ein Fall, den mir Horst Staub, Pilzsachverständiger aus Mannheim, 2013 gemeldet hat:
Ein 11 Jahre alter Junge hatte vom Hut eines Grünen Knollenblätterpilzes nur ein messerspitzen großes Stückchen abgebissen. Er blieb zwar beschwerdefrei, aber seine Laborwerte zeigten eine Amatoxin bedingte Beeinträchtigung von Blutgerinnung, Bilirubin und Kreatinkinase.

Prof. Dr. Siegmar Berndt, DGfM-Toxikologe


Literatur:
Berndt,S.:Mitteilungen von Pilzberatern und -sachverständigen: Grüner Knollenblätterpilz, Z.Mykol.80/1 2014, im Druck

Faulstich H.,Kommerell B. & T.Wieland: Amanita Toxins and Poisoning, Witzstrock, Baden-Baden, S.21, 1980

Mcknighht T.A., Mcknight K.B.& M.C. Skeels: Amatoxin and Phallotoxin concentration in Amanita bisporigera spores. Mycologia 102/4, 763-765, 2010